Share Deals im Fokus: Verschärfungen bei der Grunderwerbsteuer

Vom 11.06.2021
EEP-Redaktion

Kurz vor Ende der Legislaturperiode geht alles auf einmal ganz schnell. Möglicherweise getrieben durch leere Kassen, hat der Bundestag überraschend die seit Jahren auf Eis liegende Verschärfung des Grunderwerbsteuerrechts beschlossen.

Bei den im Fokus des Gesetzgebers stehenden Share Deals wird bei einer Immobilientransaktion nicht das Grundstück direkt erworben, sondern stattdessen unmittelbar oder mittelbar Anteile an einer grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft. Für derartige Fälle sieht das Gesetz bereits jetzt Ergänzungstatbestände vor, bei denen unter bestimmten Voraussetzungen (Nichteinhaltung von Mindestquoten von mehr als 95% und Haltefristen von 5 Jahren) ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang ausgelöst wird. Im Kern werden die relevanten Beteiligungsschwellen für Share Deals von 95% auf 90% gesenkt, Haltefristen von 5 auf 10 bzw. 15 Jahre verlängert und ein neuer Ergänzungstatbestand für Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften geschaffen.

Für Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften sieht das Gesetz die Einführung einer vergleichbaren Regelung vor, wie sie bereits für Personengesellschaften existiert. Unter Berücksichtigung der neuen Beteiligungsschwellen und Haltefristen wird die Übertragung von mind. 90% der Anteile an Kapitalgesellschaften innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren auf neue Gesellschafter der Grunderwerbsteuer unterworfen. Für börsennotierte Kapitalgesellschaften sieht das Gesetz eine Ausnahme vor.

Durch die gesetzlichen Neuregelungen dürften die ohnehin schon schwierigen Unternehmensnachfolgen durch zusätzliche Steuerbelastungen weiter erschwert werden.

Ist es beispielsweise für den Erwerber einer mittelständischen grundbesitzenden Kapitalgesellschaft nach bisherigem Recht möglich einen strategischen Kapitalgeber als Mitgesellschafter mit aufzunehmen, wird dies durch den neu geschaffenen Ergänzungstatbestand innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb der Anteile ohne Anfall von Grunderwerbsteuer nicht mehr möglich sein. Dies gilt auch für Übertragungen innerhalb der Familie – zumindest für entgeltliche Übertragungen. Ob die Rechtsprechung des BFH zur Grunderwerbsteuerbefreiung im Fall der Schenkungsteuer auch für den neu geschaffenen Ergänzungstatbestand einschlägig sein wird, bleibt abzuwarten.

Die stufenweise Übertragung eines Unternehmens wird in vielen Fällen mit einer höheren Grunderwerbsteuer belastet werden als bisher. Nach bisherigem Recht kann beispielsweise ein Altgesellschafter im ersten Schritt 50% seiner Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft auf seinen Nachfolger übertragen und nach Ablauf von 5 Jahren die restlichen 50% der Anteile. In diesem Fall unterliegt der Vorgang aufgrund der Vereinigung von mind. 95% der Anteile in der Hand des Nachfolgers der Grunderwerbsteuer. Da der Nachfolger jedoch bereits seit 5 Jahren an der Gesellschaft beteiligt ist, wird die Grunderwerbsteuer zur Hälfte nicht erhoben. Nach der verabschiedeten Gesetzesverschärfung wird für eine derartige Übertragung eine Wartezeit von 15 Jahren erforderlich sein, um lediglich die hälftige Grunderwerbsteuer zahlen zu müssen. Bei vollständiger Übertragung innerhalb von 15 Jahren fällt Grunderwerbsteuer in voller Höhe an.

Wer nun glaubt 90% sind die neuen 95%, der irrt. Ausdrücklich nicht herabgesetzt wurde die Beteiligungsschwelle im Bereich der Regelung zu Umstrukturierungsmaßnahmen innerhalb eines Konzerns. Hier wird den Steuerpflichtigen weiterhin abverlangt, dass die Steuervergünstigung nur dann gewährt wird, wenn die Beteiligungshöhe durchgängig mind. 95% beträgt. Konsequenterweise wurden allerdings auch die Vor- und Nachbesitzzeiten nicht von 5 auf 10 Jahre verlängert.

Nach dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz sind die neuen Regelungen erstmalig auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 30.06.2021 verwirklicht werden. Allerdings sind zahlreiche Übergangsregelungen zu beachten. Zudem können sich bei den Gesetzesverschärfungen auch Anteilsübertragungen der Vergangenheit auswirken, in bestimmten Konstellationen ist das alte Recht weiter anwendbar.

Nach dem Bundestag hat am 7. Mai 2021 auch der Bundesrat einem entsprechenden Gesetz zugestimmt. Das Gesetz wurde am 17. Mai 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt ab 1. Juli 2021 in Kraft.

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